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Montag, 16. September 2024
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Es gibt nichts Gutes, außer – man tut es

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Er schrieb unvergessliche Bücher für Kinder und Erwachsene, prägt bis heute Generationen junger Menschen und hat auch in den dunkelsten Stunden Deutschlands stets seinen Humor, seinen Scharfsinn und seinen Mut bewahrt. Vor 50 Jahren, am 29. Juli 1974, starb Erich Kästner. Seine demokratischen Ansichten sind heute aktueller – und wichtiger – denn je.

In den 1920er-Jahren gilt er als eine Art literarischer Popstar der Weimarer Republik, als bissiger Satiriker und präziser Beobachter. Berühmt wird er durch seine Kinderbücher "Das doppelte Lottchen", "Pünktchen und Anton" oder "Das fliegende Klassenzimmer". Geschichten von jungen Individuen, die gemeinsam Freundschaft, Trauer und Spaß erleben und sich ganz unabhängig von ihrer sozialen Herkunft gegenseitig helfen.

Mit seiner außerordentlichen Gabe für das Zeitgeschehen begreift Kästner früh, welche Gefahren in dem Erstarken des Nationalsozialismus liegen. Seine Meinung darüber drückt er im Jahr 1928 unter anderem in dem Gedicht "Kennst du das Land, wo die Kanonen blühn?" aus:

"Die Kinder kommen dort mit kleinen Sporen; Und mit gezognem Scheitel auf die Welt; Dort wird man nicht als Zivilist geboren; Dort wird befördert, wer die Schnauze hält."

Am Ende prophezeit Kästner: "Du kennst es nicht? Du wirst es kennenlernen."

Die Nationalsozialisten verbieten Kästners Schriften. Auf dem Opernplatz in Berlin mischt er sich im Mai 1933 unter die Masse, um mit anzusehen, wie die Nazis seine Bücher verbrennen. Später nennt er das Ereignis ein "Apokalyptisches Volksfest". Kästner bleibt dennoch, anders als viele Kollegen, in Deutschland. Er sieht es als Pflicht an, das Risiko auf sich zu nehmen, um als Augenzeuge eines Tages schriftlich Zeugnis über die grausamen Taten ablegen zu können. Sein Tagebuch nimmt er als einzigen Gegenstand stets mit in den Luftschutzbunker.

Zeitlebens mahnt er die Gesellschaft an, solch gefährliche Entwicklungen nicht mehr zuzulassen, spricht sich gegen Waffen aus, ist Pazifist. Auch, weil er im Kriegsdienst im Jahre 1917 viele Klassenkameraden hat sterben sehen.

Heute rückt Kästners Vermächtnis wieder in den Mittelpunkt – vielerorts erstarkt fremdenfeindliches und rechtes Gedankengut. In Deutschland – so auch in Siegburg – wurde demonstriert, um dagegenzuhalten. Anfang Februar versammelten sich 3.000 Menschen aller Altersstufen auf dem Siegburger Marktplatz zur "Kundgebung für unsere Demokratie – gegen die neuen Rechten". Aktionen wie diese hätte Kästner wohl unterstützt, vielleicht auch mehr davon gefordert, heißt es in seinem fliegenden Klassenzimmer doch "an allem Unfug, der geschieht, sind nicht nur die schuld, die ihn begehen, sondern auch diejenigen, die ihn nicht verhindern". (pho)

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